Wer durch Kyoto reist, kommt an seinen Tempeln, Gärten und der faszinierenden Kultur nicht vorbei – aber genauso wenig sollte man sich den Nishiki-Markt entgehen lassen. Dieses überdachte Marktparadies mitten in der Innenstadt ist weit mehr als ein Ort zum Einkaufen. Es ist ein pulsierender Mikrokosmos der japanischen Esskultur, ein Ort voller Farben, Gerüche, Geräusche – und vor allem: voller Geschmack. Wir haben uns durchprobiert, geschnuppert, gestaunt und natürlich auch gekauft. Kommt mit auf unseren rundum köstlichen Spaziergang durch den Nishiki-Markt!
Ein erster Eindruck – Der Eingang in eine andere Welt
Schon der Eingang ist vielversprechend. Von der belebten Shijō-Straße aus biegt Ihr in eine schmale, überdachte Passage ein, die sich auf etwa 400 Metern durch das Herzen Kyotos zieht. Über Euch bunte Glasdächer, die das Tageslicht in allen Farben brechen – unter Euch eine enge Gasse, gesäumt von etwa 130 kleinen Läden, Imbissständen, Restaurants und traditionellen Geschäften. Es ist laut, es duftet, es dampft, es lebt.
Was uns sofort auffällt: Hier sind nicht nur Touris unterwegs, sondern auch viele Einheimische. Man kommt sich näher, schiebt sich Seite an Seite durch die Menschenmenge – aber alles in freundlicher, entspannter Stimmung. Trotz des Trubels hat der Nishiki-Markt eine beinahe gemütliche Atmosphäre. Kein Wunder, dass man ihn auch liebevoll „Kyotos Küche“ nennt.
Die Geschichte hinter dem Nishiki-Markt – 400 Jahre kulinarische Tradition
Bevor wir uns ins kulinarische Getümmel stürzen, werfen wir einen kurzen Blick zurück. Der Nishiki-Markt hat eine lange Geschichte, die bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht. Damals begann man hier mit dem Fischhandel, denn das Wasser unter dem Markt war besonders klar und kalt – perfekt zur Kühlung von frischem Fisch. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich der Markt weiter und wurde zu dem kulinarischen Zentrum, das er heute ist.
Viele der Läden sind seit Generationen in Familienbesitz. Manche gibt es schon seit über 100 Jahren. Das merkt man sofort: an der Hingabe, mit der verkauft wird, an der Sorgfalt, mit der jedes Produkt präsentiert wird. Hier steckt Herzblut in jedem Reiskocher, jeder eingelegten Gurke, jedem Stück Wagashi.
Erste Geschmacksexplosion: Tsukemono – Japans eingelegtes Gemüse
Unser erster Stopp: ein kleiner Laden mit meterlangen Regalen voller eingelegtem Gemüse – Tsukemono. Die Farben reichen von tiefem Violett bis leuchtend Gelb, der Geruch ist würzig-säuerlich und macht sofort neugierig. Eine freundliche Verkäuferin bot uns einige Probierhäppchen an. Und was soll ich sagen, wir haben es nicht bereut: ein Stück eingelegter Daikon-Rettich, knusprig, salzig, ein wenig süß. Dann ein Gurkenstreifen, der fast nach Dill schmeckt – aber eben nur fast. Und schließlich etwas ganz Unbekanntes: eingelegte Kirschblätter. Überraschend mild und aromatisch.
Süß oder salzig? – Die Qual der Wahl bei den Snacks
Ein paar Meter weiter standen wir vor einer Auswahl, die ebenfalls spannend war: Senbei (Reiskekse) in allen Variationen, getrockneter Tintenfisch, Algensnacks, frittierte Lotuswurzelchips. Probieren geht über Studieren, also gönnten wir uns einen warmen Senbei direkt vom Grill. Die knusprige Hülle, der leicht rauchige Geschmack, das angenehme Knacken beim Reinbeißen – ein Traum!
Direkt daneben entdecken wir ein winziges Geschäft mit süßen Snacks: Yatsuhashi, das berühmte Reismehlgebäck Kyotos, wird hier frisch zubereitet. Mit Zimt, Matcha, Erdbeere, schwarzem Sesam – man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Die Verkäuferin lacht und packt uns eine gemischte Probierbox. Ein Glück, denn jede Sorte ist ein kleines Gedicht.
Frisch und frech: Meeresfrüchte auf die Hand
Jetzt wird’s spannend (für alle, die nicht wie ich eine Allergie gegen Schalentiere haben) – wir stehen vor einem Stand, der sich auf frische Meeresfrüchte spezialisiert hat. Und hier gibt’s etwas, das man so schnell nicht vergisst: Baby-Oktopusse am Spieß, die in einer süß-salzigen Marinade gegart wurden. Klingt skurril, oder? Sieht auch so aus.
Direkt daneben gab es Jakobsmuscheln direkt vom Grill, Austern mit Yuzu-Sauce, gegrillte Aalstücke, Garnelenspieße – alles frisch, alles duftend, alles bereit, sofort verzehrt zu werden. Bei Muscheln, Austern und Aal konnte ich nun endlich auch wieder probieren und wir waren begeistert von der Qualität. Kein Vergleich mit dem, was man sonst unterwegs an „Street Food“ bekommt. Hier merkt man einfach: Frische und Herkunft sind das A und O.
Matcha, Mochi und mehr – Süßes für zwischendurch
Zeit für etwas Süßes. Und natürlich kommt man nicht am Matcha vorbei. Ein kleines Café serviert Matcha-Softcream, also grünes Tee-Eis, das nicht nur fotogen aussieht, sondern auch himmlisch schmeckt – leicht bitter, cremig, mit einer feinen Süße im Abgang. Perfekt für eine kleine Pause zwischendurch.
Auch die klassischen Mochi fehlen natürlich nicht. Diese klebrigen Reiskuchen gibt’s hier mit allen möglichen Füllungen: rote Bohnenpaste, Erdbeere, Matcha, sogar Schokolade. Wir entschieden uns für die Variante mit Erdbeere und wurden nicht enttäuscht – außen weich und dezent süß, innen fruchtig und frisch. Einfach lecker!
Sojasaucen, Misos und Dashi – Einblicke in die japanische Kochkunst
Natürlich gibt es auf dem Nishiki-Markt nicht nur Snacks und fertige Speisen, sondern auch viele Zutaten für die heimische Küche. Besonders faszinierend finden wir die Sojasaucenläden. Kleine Fläschchen, große Fässer, helle, dunkle, dickflüssige und fast schon sirupartige Varianten – jede mit einem eigenen Aroma. Manche schmecken überraschend süß, andere kräftig und umami-lastig. Hier wird deutlich: Sojasauce ist nicht gleich Sojasauce.
Dasselbe gilt für Miso-Pasten. Von hellgelb bis rotbraun ist alles dabei – und jede hat ihren eigenen Charakter. Die Verkäuferin erklärt uns geduldig den Unterschied zwischen Shiro Miso und Aka Miso, zwischen Reismiso und Gerstenmiso. Wir fühlten uns ein bisschen wie in einem Gourmet-Workshop und nehmen natürlich auch hier ein paar Kostproben mit.
Dashi, Bonito und Kombu – Die Seele der japanischen Brühe
Wenige Schritte weiter wehte uns erneut ein intensiver, rauchiger Duft entgegen. Wir sind an einem Dashi-Spezialgeschäft angekommen – hier dreht sich alles um die Grundlage der japanischen Küche: Brühe. Getrocknete Bonitoflocken, Kombu-Algen, kleine Sardinen, Shiitake – alles ordentlich sortiert, beschriftet und zum Probieren bereit.
Fast schon tat es uns leid, dass wir nichts davon mit nach Hause nehmen konnten. Aber zwei Wochen im Koffer und dem Zoll wollten wir den leckeren Zutaten dann doch nicht antuen.
Tradition trifft Moderne – Zwischen Tempeln und Street Food
Was uns besonders gefällt: Der Nishiki-Markt ist ein lebendiger Mix aus Tradition und Moderne. Neben jahrhundertealten Läden entdecken wir auch moderne Cafés, hippe Süßigkeitenläden und sogar Pop-up-Stände mit veganem Street Food. Alles scheint hier nebeneinander zu existieren – ohne sich zu stören. Kyoto eben.
Und mittendrin: kleine Altäre, versteckte Shintō-Schreine, geschmückte Eingänge und liebevolle Details, die an die spirituelle Tiefe dieser Stadt erinnern. Immer wieder bleiben wir stehen, um zu schauen, zu staunen, zu fotografieren – oder einfach nur, um durchzuatmen.
Fazit – Warum Ihr den Nishiki-Markt nicht verpassen dürft
Am Ende unseres Besuchs sind unsere Bäuche voll – und unser Herz sowieso. Der Nishiki-Markt ist kein Ort, den man einfach „macht“ und dann wieder abhakt. Er ist ein Erlebnis, ein Abenteuer für alle Sinne. Wer Kyoto besucht und den Markt auslässt, verpasst einen wichtigen Teil der Stadt – vielleicht sogar ihren kulinarischen Kern.
Mein Tipp: Plant genug Zeit ein, geht mit offenem Herzen und leerem Magen hin, probiert Euch durch, sprecht mit den Menschen – und lasst Euch treiben. Ihr werdet es nicht bereuen. Und wahrscheinlich, so wie wir, irgendwann zurückkehren wollen.
Übrigens kann man den Nishiki-Markt auch noch intensiver auf einer Tour mit einem einheimischen Foodie* genießen.
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